1.7. "Liebe und tu, was du willst..."

Glaube wird oft verwechselt mit Ethik und Moral. Auch die religiöse Erziehung scheint häufig vor allem auf richtiges Verhalten ausgerichtet zu sein. Viele Vorbereitungshilfen für Schul- und Familiengottesdienste erinnern mich eher an Lehrstunden für gute Manieren oder gar an Bußgottesdienste. Als wenn im Gottesdienst der erhobene Zeigefinger das A und O wäre.

Im christlichen Glauben geht es jedoch nicht zuerst um das Verhalten, sondern um den Halt, den eine gute Beziehung zu Jesus Christus schenkt. Es gilt der Dreischritt: Halt – Haltung – Verhalten. Unser Handeln, also unser Verhalten ist abhängig von unserer inneren Haltung. Und diese wiederum wird geprägt von dem, was unserem Leben Halt gibt.

Wer Halt findet in der bedingungslosen Zusage Gottes, gewinnt eine neue Haltung zum Leben, zu seinen Mitmenschen und zu sich selbst. Und diese Haltung prägt schließlich das Verhalten. Die Liebe Gottes färbt ab. Wer Halt gefunden hat in Gott, wird eine positive Grundhaltung finden zu seiner Umwelt, zu den Mitmenschen und auch zu sich selbst. Und diese Haltung prägt schließlich das Verhalten. So, wie es der heilige Augustinus sagt: „Liebe, und tu, was du willst.“

Halt geben kann die biblische Zusage, dass Gott den Menschen geschaffen hat nach seinem Abbild. Der Mensch ist von der Art Gottes. Das gibt jedem Menschen seine einmalige Würde. Gott liebt den Menschen bedingungslos – vor aller Leistung und nach aller Schuld. Für diese Zusage hat Jesus sein Leben gelassen. Und Gott hat in Jesu Auferweckung bestätigt: seine Liebe ist sogar stärker als der Tod. Wenn ich darauf vertrauen kann, kann ich Halt darin finden, dass ich am letzten Ende nicht tiefer fallen kann, als in die Hände Gottes. Gehalten im Allerletzten entwickelt sich eine Haltung des grundsätzlichen Vertrauens ins Leben hier und jetzt - ähnlich dem Ur-Vertrauen am Anfang des Lebens, das für die weitere Entwicklung eines Kindes so wichtig ist. 

Wer sich selbst und seinen Mitmenschen als Abbild Gottes anerkennt, anerkennt auch die Würde, die jedem Menschen zukommt. Es entwickelt sich eine Haltung der Wertschätzung und Ehrfurcht vor allem Leben. Diese Haltung der Liebe und Wertschätzung prägt letztendlich auch das Verhalten. Wer liebt, dem muss man nicht sagen, was er tun soll. Verhalten, das nur antrainiert ist, wird nicht nachhaltig sein, wenn es nicht mit der inneren Haltung übereinstimmt. Ein Beispiel: Wer seinen Halt in Prestige, Erfolg und Besitzt zu finden glaubt, wird eine andere Haltung zur Welt entwickeln und sich entsprechend anders verhalten, als jemand, der seinen Halt darin findet, bedingungslos geliebt zu sein. Ersterer lebt in der Grundhaltung: „Hast du was, dann bist du was.“ Oder: „Nur wenn ich etwas leiste, bin ich etwas wert.“ Doch wer sich geliebt weiß, wird sich und den Anderen auch mit Schwächen und Grenzen als liebenswerten Menschen annehmen können.

Das Verhalten eines Christen – die durch Christus geprägte Lebensgestaltung – ist die Konsequenz aus der erfahrenen Liebe Gottes, nicht aber deren Voraussetzung.

Unterbrechung:

Wer oder was gibt meinem Leben Halt?

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