3.3. Urkunde des Glaubens und Kontakt zu Gott

Vielen ist die Bibel ein Buch mit sieben Siegeln: schwer zu verstehen, oft grausam und im Grunde von gestern. Die Vorbehalte sind groß. Dabei ist sie die Urkunde unseres Glaubens. Und dies im doppelten Sinn: Sie gibt uns ursprüngliche Kunde (= Kenntnis oder Nachricht) über die Glaubenserfahrungen des Volkes Israel und der ersten Christen. Und sie ist Urkunde unseres Glaubens, weil in ihr dieser ursprüngliche und gemeinsame Glaube der Christen verbrieft ist. Darauf können wir uns gemeinsam berufen.
Natürlich hat jeder Mensch seine ganz eigenen Erfahrungen mit Gott und seinen ganz persönlichen Zugang zum Glauben. Doch die Erfahrungen der Menschen, die in der Bibel verbrieft sind, sind Erfahrungen aus Jahrtausenden, die Menschen vor mir Grund genug waren, an Gott zu glauben. Diese Erfahrungen kann auch ich mir zu Eigen machen. Sie bilden die Identität unserer Glaubensgemeinschaft. Dies gilt vor allem für die Erfahrungen, die Menschen mit Jesus Christus gemacht haben. Sein Name ist für Christen Programm.

Für Martin Luther galt sogar der Grundsatz: „sola scriptura“. Allein was in der Schrift steht sei maßgeblich für den Christen. Leider ist das wohl die Krux, warum viele Katholiken - selbst regelmäßige Kirchgänger - bis heute keinen wirklichen Draht zur Bibel gefunden haben. Anfangs konnten viele schlichtweg nicht lesen. Und seit der Reformationszeit haben sich die Katholiken von den Luther-Anhängern abgegrenzt - und umgekehrt. So wurde die Bibel zum Markenzeichen für die evangelischen Christen, die Tradition und der Ritus Markenzeichen der katholischen Christen. Dabei kann man doch das eine gar nicht vom Anderen trennen.

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat die Katholische Kirche in den 50-er/60-er Jahren des letzten Jahrhunderts die Bedeutung der Bibel wieder hervorgehoben und betont, dass die Worte der Bibel Gottes Wort im Menschenwort sind. Die menschlichen Worte sind von Gott inspiriert. Sowohl die Menschen, die die Worte aufgeschrieben haben, haben dies im Sinn - im Geist - Gottes getan, und auch bei den Menschen, die miteinander die Worte der Bibel lesen, hören und sich darüber austauschen, ist der Geist Gottes am Werk. In diesem Sinn können wir sagen, dass durch die Bibel Gott selbst zu uns spricht. Und in diesem Sinn verkündet der Lektor oder die Lektorin während des Gottesdienstes nicht irgendwelche heiligen Worte, sondern das "Wort des lebendigen Gottes". Praktisch bedeutet das: Wer sich auf die Bibel einlässt, bekommt es mit Gott zu tun.


Unterbrechung:

Wenn du diese Kontaktebene zu Gott nutzen möchtest und eine Bibel für den Einstieg suchst, dann kann die Bibelausgabe Gute-Nachricht hilfreich sein. Sie ist sprachlich leicht zu lesen.

Im Gottesdienst hören wir die Übersetzung der Einheitsübersetzung. Online findest du sie unter www.bibleserver.com/start.

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