1.8. Wie Leben gelingt

„Heute muss ich in deinem Hause zu Gast sein.“

Zuerst kommt Gottes Zuspruch, danach erst folgt sein Anspruch an uns Menschen. Diese Aussage zieht sich quer durch die Bibel. Jesus zeigt es in seiner Begegnung mit dem Zöllner Zachäus:

Dann kam Jesus nach Jericho und ging durch die Stadt. Und siehe, da war ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war reich. Er suchte Jesus, um zu sehen, wer er sei, doch er konnte es nicht wegen der Menschenmenge; denn er war klein von Gestalt.
Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus bleiben.“ Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf.
Und alle, die das sahen, empörten sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: „Siehe, Herr, die Hälfte meines Vermögens gebe ich den Armen, und wenn ich von jemandem zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück“.
Da sagte Jesus zu ihm: „Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ (Lk 19,1-10)



Unterbrechung:
  • Gibt es einen Satz oder ein Wort, das dich spontan anspricht?
  • Nimm dir etwas Zeit, den Bibeltext noch einmal in Ruhe zu lesen. Versuch, dir die Situation vorzustellen, wie in einem Film.
    Welche Szenen sehe ich? Welche Menschen? Was tun die Menschen? Was sagen diese? Was geht den Menschen durch den Kopf? Wie fühlen sie sich?
  • Nun stell dir vor, du würdest selber in diesem Film mitspielen.
    In welche Rolle möchte ich gerne mal hineinschlüpfen? Wie fühle ich mich in dieser Rolle? Welche Gedanken gehen mir durch den Kopf?
  • Komm über deine Gedanken oder Gefühle mit Gott ins Gespräch oder notiere sie in deinem Glaubenskurs-Tagebuch.

Stinkreich und doch arm dran.
Zöllner zur Zeit Jesu darf man nicht vergleichen mit Zollbeamten heute.
Damals wurden in Palästina die Zölle eines Bezirks (z.B. Marktzölle, Grenzzölle usw.) nicht durch Beamte eingezogen, sondern an Privatpersonen verpachtet – wahrscheinlich an den Meistbietenden. Diese Zollpächter gehörten gesellschaftlich zur reichen Oberschicht.
Die Pächter ihrerseits hatten wieder Unterpächter angestellt. Auch diese mussten einen bestimmten Betrag abliefern, kassierten jedoch auch in die eigene Tasche. Es gab zwar feste Tarife, doch verleitete dieses System zum Betrug. Kein Wunder, dass die Zöllner unbeliebt waren und der Beruf als unehrenhaft galt. In den Augen der Bevölkerung waren Zöllner wie Diebe und Räuber und deshalb ähnlich schlecht angesehen wie Sünder, Dirnen und Heiden.
Überdies standen die Zolleinnehmer im Dienst der heidnischen (römischen) Besatzungsmacht. Machten also gemeinsame Sache mit den Fremdherrschern und waren unsolidarisch gegenüber dem eigenen Land. Außerdem hatten sie durch ihren Beruf viel Kontakt mit Nichtjuden. Das machte sie kultisch „unrein“. Sie durften ihre Religion nicht ausüben, also nicht am Tempelkult teilnehmen. Die rituelle Begegnung mit Gott wurde ihnen verwehrt. Deshalb haben auch fromme Juden die Zöllner gemieden, da sie durch Kontakt mit ihnen auch unrein geworden wären. Zöllner waren damals also religiös und sozial völlig isoliert.


Wie Leben gelingt
Jeder Mensch strebt danach, dass sein Leben gelingt. Es sind vor allem zwei Dinge, die Leben gelingen lassen: Lieben und sinnvoll tätig sein. Das bedeutet, „dass wir nicht nur oberflächliche Beziehungen zu anderen Menschen pflegen, sondern dass es auch Menschen gibt, die wir lieben, von denen wir geliebt werden und mit denen wir in tiefen persönlichen Freundschaften verbunden sind. Hinzu kommt, dass wir in unserem Leben etwas tun, das sinnvoll und für andere Menschen wertvoll und wichtig ist.“[1]

Ein Beispiel, wie sich Leben wandeln kann, so dass es gelingt, ist die Begegnung zwischen Jesus und dem Zöllner Zachäus. Ob Zachäus Menschen hatte, mit denen er sich verbunden fühlte, wissen wir nicht. Gesellschaftlich gesehen war er ein Außenseiter. Vielleicht wurde er von manchen wegen seines Reichtums beneidet. Als Mensch jedoch war er verhasst und wurde gemieden. Stinkreich, aber völlig isoliert. Eigentlich arm dran.

Dazu kommt: Sein Beruf ist für andere Menschen alles andere als sinnvoll oder gar wertvoll. Denn er lebt auf Kosten der anderen. Sein Leben sieht nicht danach aus, dass es gelingen könnte. Trotz wirtschaftlicher Gewinne steht Zachäus auf der Verliererseite des Lebens.

Unterbrechung:

Lies den Bibeltext Lk 19, 1-10 noch einmal (siehe oben).

Diesmal richte deine Aufmerksamkeit auf Zachäus und frage dich:

  • Was mag in ihm vorgehen? Warum will er sehen, wer dieser Jesus sei? Wonach hält er Ausschau? Wonach sehnt er sich? 
  • Wie geht es ihm im Baum, als er auf Jesus wartet? 
  • Wie geht es ihm, als Jesus stehen bleibt und ihn sein Blick trifft? Als Jesus sich bei ihm einlädt? 
  • Was ist ausschlaggebend dafür, dass Zachäus sein Leben neu ordnet? 
Notiere deine Gedanken und / oder komm mit Gott darüber ins Gespräch. 




[1] Michael Bordt SJ, Was in Krisen zählt – Wie Leben gelingen kann, Verlag Zabel Sandmann GmbH, Pößneck, 4. Aufl. 2013, 48f.

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