5.3. Symbole sprechen ihre eigene Sprache und bergen eine andere Wirklichkeit

Ich liebe Rosen. Manchmal kauf ich mir eine Einzelne für meinen Schreibtisch. Dann muss ich immer daran denken, wie mein Ausbildungspfarrer, dem ich viel zu verdanken habe, sagte: „Auf dem Schreibtisch eines Seelsorgers oder einer Seelsorgerin gehören zwei Dinge: Eine Bibel und immer eine frische Blume“. Ich muss schmunzeln, wenn ich die Rose auf meinem Schreibtisch sehe. Irgendwie hab ich dann auch Hans vor Augen – ein Seelsorger durch und durch, mit beiden Beinen auf dem Boden, das Herz bei den Menschen und den Blick zum Himmel. Wenn Besucher die Rose auf meinem Schreibtisch sehen, dann sehen sie eine schöne Rose. Ich jedoch sehe mehr. Die Rose erinnert mich an einen Menschen und an Zeiten, die mich geprägt haben. Von außen betrachtet ist die Rose eine Rose. Doch für mich hat die auf dem Schreibtisch noch eine innere Bedeutung, die Außenstehenden verborgen bleibt.

Rosen haben auch Kraft, etwas zu bewirken. Sie wissen schon: Die Sprache der Rose… Wenn mir der richtige Mensch eine rote Rose schenkt, dann klopft mein Herz ein paar Takte schneller… Seine Rose birgt eine Botschaft. Ganz ohne Worte sagt sie: „Ich liebe dich.“ Und wenn der Schenker Glück hat, dann bewirkt die Botschaft seiner Rose nicht nur den Beginn einer wunderbaren Freundschaft, sondern vielleicht auch mehr…

Symbole wie die Rose sind meist Gegenstände, die uns besonders wertvoll, ja sogar heilig, sind. Sie bedeuten uns mehr als das, was man mit den Augen sieht, denn sie bergen eine innere Geschichte und tragen eine innere Bedeutung in sich. Sie verweisen auf eine Wirklichkeit, die über das hinausgeht, was wir hier und jetzt erfahren. In Symbolen wird eine Geschichte lebendig und wirkmächtig. Eine Katechetin erzählte einmal, dass so ein Symbol ihr Esstisch zu Hause sei. Dort saß sie immer mit den Erstkommunionkindern während der Gruppenstunde. Im Laufe des Gefechtes kippte einmal die Gruppenkerze um. Der Wachs lief über den Küchentisch. Sie sei völlig ausgerastet. Die Kinder hätten natürlich überhaupt nicht verstanden, warum sie sich so aufregte. Doch schnell hatte sie sich wieder im Griff und sie erklärte es den Kindern: Dieser Esstisch sei ein ganz besonderer Tisch für sie, den kein anderer Tisch ersetzen könne: Ihr Vater habe ihn kurz vor seinem Tod selbst geschreinert. Sie erzählte: „Wenn ich den Tisch sehe, dann sehe ich meinen Vater, wie er auf den Knien liegt und die Holzplatte aussucht.“ Wenn ihre Familie an diesem Tisch miteinander esse, dann sei das so, als wenn ihr verstorbener Vater mit am Tisch säße.

Im alten Griechenland wurde als Symbol ein Ring oder ein Tontäfelchen bezeichnet, das beim Abschied eines Gastfreundes oder Vertragspartners in zwei Hälften gebrochen wurde. Die eine Hälfte bekam der Freund mit auf den Weg, die andere behielt man. Wenn nun eines Tages er selbst oder der rechtmäßige Erbe wiederkommen würde, wären die beiden zerbrochenen Hälften das Erkennungszeichen. Wenn beide Hälfen zusammengefügt werden konnten, dann war dies der Beweis, dass es sich um den Freund oder Vertragspartner bzw. um dessen Erbe handelte. Die alte Beziehung lebte wieder auf. Der Besitzer war der Anspruchsberechtigte des Vertrages – auch Jahre später noch. Die einstige Freundschaft begann in diesem Zeichen wieder aufzuleben. Was sie früher verbunden hatte, wurde wieder wach.

Unterbrechung:

Besitzen Sie auch so ein Symbol? Ein Erinnerungszeichen, das eine innere Geschichte in sich birgt, die nur Sie oder Eingeweihte kennen?

Lässt der Anblick dieses Symbols etwas in Ihnen lebendig werden?

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