3.9. Bibel lesen - aber wie?

Welche Bedeutung hat die Bibel für meinen Glauben als Christin?
Die Bibel ist kein historischer Bericht, auch wenn sie vor historischem Hintergrund erzählt wird. Dennoch ist sie weder Geschichtsbuch noch Märchenbuch. In ihren Erzählungen werden Wahrheiten erzählt, die zeitlos sind.
Wer die Bibel wörtlich nimmt, wird sie wahrscheinlich schon von der ersten Seite an nicht ernst nehmen. Ihre Wahrheit liegt auf einer anderen Ebene als die Frage: „Ist das wirklich so gewesen?“ Die Bibel antwortet auf die Fragen: „Wer ist der Mensch?“, „Wie steht er zu Gott?“, „Wie steht Gott zum Menschen?“ Sie berichtet von Erfahrungen der Menschen mit Gott. Diese Erfahrungen kann ich mir zu eigen machen und dadurch selber im Wort Gottes Gott begegnen.

Der Glaube ist der Schlüssel zur Bibel
Um wirklich einen Zugang zur Bibel zu bekommen, muss ich sie unter dem Vorbehalt lesen, dass Gott selbst mir zwischen den Buchdeckeln begegnet. Oder: „Ohne den Glauben gibt es keinen Schlüssel zur Heiligen Schrift“, wie es der heilige Bonaventura (1221 – 1274) gesagt hat. Wenn wir die Bibel nur lesen wie einen literarischen Text, können wir zwar interessante Elemente entdecken. Richtig verstehen werden wir den Text aber erst, wenn wir eine lebendige Beziehung zu dem haben, wovon der Text spricht. Ähnlich drückt es der evangelische Theologe Karl Barth (1886 – 1968) aus:

„Wir werden in der Bibel gerade so viel finden, als wir suchen:
Großes und Göttliches, wenn wir Großes und Göttliches suchen;
Nichtiges und Historisches, wenn wir Nichtiges und Historisches suchen;
überhaupt nichts, wenn wir überhaupt nichts suchen.“


Ohne den Glauben gibt es keinen Schlüssel zur Heiligen Schrift. Und umgekehrt kann ich ohne die Bibel nicht glauben. Denn wer die Schrift nicht kennt, kennt Christus nicht (hl. Hieronymus). Papst Benedikt XVI. sagt: „Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt.“[1] Dieses Ereignis, diese Person, ist Jesus Christus. Wer ihn kennt, kennt Gott. Denn Jesus sagt von sich selbst: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10.30). Christen haben von Anfang an bekannt: In Jesus begegnet ihnen Gott. Als Christ, als Christin, kann ich also ohne die Bibel nicht an den Gott Jesu Christi glauben.

Bibel lesen – aber wie?
Wenn du nun beschlossen hast, deinen Glauben auf diese Urkunde des Glaubens zu gründen – oder besser: in der Bibel Nahrung für deinen Glauben zu suchen – , dann können dir vielleicht folgende Tipps helfen, die auch mir den Einstieg in die Bibel erleichtert haben:
  1. Fang einfach an. Die Bibel ist ein Buch für Anfänger. Denn man kann jeden Tag (neu) damit anfangen.
  2. Suche dir einen ruhigen Ort in deiner Wohnung. Vielleicht hast du ja auch einen festen Platz für die Bibel übrig, an dem sie liegen bleiben kann.
  3. Wähle eine Zeit, die du nur für das Bibellesen reservierst. Trag diese Zeit ggf. in deinen Kalender ein. 
  4. Nimm dir nicht zu viel auf einmal vor. Wenn du die gesamte Bibel von vorne bis hinten am Stück lesen wolltest, wirst du wahrscheinlich bald aufgeben.
  5. Stellt sich nun die Frage: Was soll ich denn lesen? Womit fange ich an? 
    • Eine Möglichkeit ist das Evangelium das in der Eucharistiefeier des Tages weltweit dran ist: www.erzabtei-beuron.de/schott/schott_anz/
    • Oder das Markus-Evangelium. Es ist das kürzeste und älteste;
    • das Lukas-Evangelium und anschließend die Apostelgeschichte (beide stammen vom gleichen Autor);
    • eine gute Grundlage ist auch aus dem AT das Buch Genesis – das Buch der Anfänge.
  6. Wo finde ich Hintergrundinformationen zu den Bibeltexten?
    • Einen guten Gesamtüberblick bieten Auswahlbibeln. Darin sind nur die wichtigsten Ereignisse ausgewählt, um den groben Zusammenhang der Bibel zu erfassen. Z.B. „Die Bibel für Kinder und alle im Haus“ von Rainer Oberthür, Kösel-Verlag, ISBN: 978-3-466-36668-2.
    • Zwischen den Bibeltexten erhält man Hintergrundinformationen, die ein besseres Verständnis erleichtern. 
    • Viele Kirchenzeitungen der Bistümer bieten Auslegungen zu den Sonntagstexten (z.B. www.kirche-und-leben.de/impulse/), 
    • ebenso unter www.bibelwerk.de/verein/was-wir-bieten/sonntagslesungen/. 
    • Impulse zu den Lesungen und Evangelien jeden Tages finden Sie im Monatsheft Te Deum: www.maria-laach.de/tedeum/kennenlernen.html oder online www.maria-laach.de/te-deum-heute/
    • Eine Bibelausgabe der Einheitsübersetzung mit Erklärungen: Stuttgarter AT/NT/Lexikon Paket - kommentierte Studienausgabe. ISBN: 978-3-460-44063-0
    • Evangelium in Leichter Sprache: www.evangelium-in-leichter-sprache.de/


[1] Enzyklika Deus Caritas est, 1, 2005

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