2.2. Nur was sich ändern darf, bleibt

Es gab eine Zeit, da dachte ich, ich kann nicht mehr beten. Ich fand einfach keine Worte. Alles, was ich Gott hätte sagen können, wusste er doch schon. Meinen Glauben stellte ich nicht grundsätzlich in Frage. Aber ich bekam einfach keinen Draht zu Gott.

In meiner Not suchte ich Rat in einem seelsorglichen Gespräch. Da bekam ich den Ratschlag, ich solle mal in die Zeitung gucken. Da gäbe es genug wofür man beten könne.

Ich erfuhr am eigenen Leib – oder besser an meiner eigenen Seele – was es heißt: Ratschläge sind auch Schläge. Ich fühlte mich überhaupt nicht verstanden. Nicht ernst genommen. Innerlich wehrte ich mich gegen den Ratschlag und bekam dennoch ein schlechtes Gewissen. Denn in gewisser Weise weigerte ich mich ja, mich mit dem Ratschlag zufrieden zu geben, für andere zu beten.

Gegen die Fürbitte ist ja auch grundsätzlich nichts zu sagen. Sie ist Solidarität im Gebet und kann das Bewusstsein stärken, auch für andere etwas zu tun. Doch was ich im Gebet suchte, war eine innere Beziehung zu Gott – zu Jesus Christus. War das etwa egoistisch? Meine Hilflosigkeit mit dem Beten blieb bestehen. Mein schlechtes Gewissen lange Zeit ebenso. Dennoch blieb ich auf der Suche.

Inzwischen weiß ich: Es ist ganz normal, dass sich Schwierigkeiten mit dem Beten einstellen können. Das gehört zur Glaubensentwicklung dazu. Meine Kinderschuhe passen mir ja als Erwachsene auch nicht mehr. Und so passt auch manche Gebetsform irgendwann nicht mehr zu mir. Wenn ich als Erwachsene keine andere Gebetsweise kenne als: „Piep, piep, piep, wir ham uns alle lieb“ oder „Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm.“, bleibt der Glaube für mich Kinderkram und wird irgendwann bedeutungslos. Wenn ich keine neuen Formen finde, die Beziehung zu Gott aufrecht zu erhalten, lasse ich es irgendwann wahrscheinlich bleiben.

Doch wenn ich am Ball bleibe, dann verändert sich der Glaube im Laufe des Lebens und damit auch das Beten. So, wie sich menschliche Beziehungen mit der Zeit auch verändern, verändert sich auch die Beziehung zu Gott. Denn Veränderungen gehören ja zu jeder Beziehung dazu. Nur was sich ändern und entwickeln darf, bleibt. Dazu kommt: Die Hochzeit erlebt ein Ehepaar miteinander nur einmal. Was folgt, ist der Alltag. Dort muss eine Beziehung Stand halten. Auch die Beziehung zu Gott kennt Hoch-Zeiten und Alltag. Dort muss sich der Glaube bewähren.


Unterbrechung:


Wie hat sich mein Beten im Laufe meines Lebens verändert?


Gibt es Gebete / Gebetsformen, die mich durch mein Leben tragen?


Gibt es andere, die mir nichts mehr sagen?


Habe ich zu bestimmten Gebetsformen im Laufe der Zeit einen neuen Zugang bekommen?

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