2.16. Wenn einem die Glocken läuten...

Stündlich sagt die Kirchturmglocke die Zeit an. Im digitalen Zeitalter scheinbar überflüssig und stört viele. Morgens, mittags und abends läuten die Kirchenglocken zudem noch ziemlich lange: Alle sechs Stunden – um 6.00 Uhr (manchmal erst um 7.00 Uhr), um 12.00 Uhr und um 18.00 Uhr. Auch „Angelus-Läuten“ genannt. Damit laden die Glocken ein, den Alltag zu unterbrechen und das Gebet des „Engel des Herrn“ zu beten. Eine alte Tradition, vielen heute unbekannt, doch sie hat ihren Wert auch für heute.

Während Mönche und Nonnen in den Klöstern seit Jahrhunderten bis zu sieben Mal am Tag ihren Alltag unterbrechen, um sich durch das Psalmengebet auf Gott auszurichten, ist dies den meisten Christen nicht möglich. Selbst wer es wollte: Kaum einer kann seine Arbeit längere Zeit unterbrechen. Doch das kurze Gebet des „Engel des Herrn“ bringt Gott mitten in den Alltag. Das Glockengeläut erinnert daran, dass Gott Mensch wurde – also mitten im Leben steht. Maria, die Mutter Jesu, ist der Mittelpunkt dieser Erinnerung, denn durch sie ist Gott ja in Jesus zur Welt gekommen.

Das Gebet des „Engel des Herrn“ besteht vorwiegend aus Worten, die der Engel Gabriel oder Marias Verwandte Elisabeth zu ihr sagen und ist eine kurze Zusammenfassung der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas- und Johannesevangelium. Es geht so:

„Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft,
und sie empfing vom Heiligen Geist. (Lk 1, 26-35)
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn;
mir geschehe nach deinem Wort. (Lk 1, 38)
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gelebt.“ (Joh 1,14)


Jeder Gebetssatz kann durch ein „Gegrüßet seist du, Maria…“ ergänzt werden.

Auch dieses ist aus Bibelversen zusammengesetzt:

„Gegrüßet seist du Maria, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir.“[1]
„Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.“[2]


Der Gebetsabschluss lautet:

„… Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt. Lass uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“

In kurzen Worten wird in diesem Gebet der Menschwerdung Jesu gedacht und daran, was dies für uns heute bedeutet: Für die Botschaft, dass Gott die Menschen liebt – vor aller Leistung und nach aller Schuld – ist Jesus gestorben. Gott hat seine Liebe bewiesen durch die Auferweckung Jesu. Und uns blüht das gleiche Schicksal wie ihm – das Leben.
Sich drei Mal am Tag unterbrechen lassen mit einem Gebet, in dem Ostern und Weihnachten zusammenfallen: Besser kann der Tag doch gar nicht laufen…


[1] Lk 1,28: Das sagt der Engel Gabriel zu Maria
[2] Lk 1,42: Das sagt ihre Cousine Elisabeth zu Maria

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