5.13. Herr, ich bin nicht würdig….

Nachdem der Priester also mit den Worten „Seht, das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt“ die Gemeinde eingeladen hat, die Kommunion zu empfangen, antwortet diese: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund.“ „Ich bin nicht würdig.“ Daran stoßen sich viele. Und auch mit dem Rest der Antwort („dass du eingehst unter mein Dach“) kann man auf dem ersten Blick nicht viel anfangen. Licht ins Dunkel bringt auch hier ein Blick in die Bibel. Sowohl der Evangelist Matthäus, als auch Lukas berichten von einem römischen Hauptmann, der in Kafarnaum lebt und Jesus bittet, seinen Diener zu heilen. Hier der Bericht von Matthäus (bei Lukas findet man ihn in Kapitel 7, 1-10):
"Als er [Jesus] nach Kafarnaum kam, trat ein Hauptmann an ihn heran und bat ihn:
Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat große Schmerzen. Jesus sagte zu ihm: Ich will kommen und ihn heilen. Und der Hauptmann antwortete: Herr, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach einkehrst; aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund! Denn auch ich muss Befehlen gehorchen und ich habe selbst Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es.
Jesus war erstaunt, als er das hörte, und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, ich sage euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemandem gefunden. Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen in die äußerste Finsternis; dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Und zum Hauptmann sagte Jesus: Geh! Es soll dir geschehen, wie du geglaubt hast. Und in derselben Stunde wurde sein Diener gesund."
  (Mt 8,5-13)

Wenn Jesus ins Haus des römischen Hauptmanns, eines Nichtjuden, gegangen wäre, wäre er nach jüdischem Verständnis unrein geworden. Der Hauptmann respektiert also den Glauben der Juden und zeigt gleichzeitig grenzenloses Vertrauen in Jesus. Dieses Vertrauen eines Nichtgläubigen stellt Jesus seinen Begleitern als Vorbild dar. Nicht die Zugehörigkeit zum Volk Gottes bewirkt Heil, sondern das Vertrauen, das jemand in Jesus setzt.

Nebenbei bemerkt: sollte diese Aussage Jesu uns nicht zu denken geben, wenn wir unter uns Christen noch immer keine allgemeine Mahlgemeinschaft haben? Nicht die Zugehörigkeit zu einer Kirche sollte die Teilnahme an der Kommunion ermöglichen, sondern das Vertrauen, das der Empfangende in Jesus setzt. Dieses Vertrauen als Zugangskriterium würde bedeuten, den Glauben und die Gewissensentscheidung jedes einzelnen Christen zu respektieren.

Doch zurück zur Antwort der Gemeinde „Herr, ich bin nicht würdig.“ Vor dem Hintergrund, weshalb dies der Hauptmann gesagt hat, bekommt es eine andere Bedeutung. Nun klingt es nicht mehr nach einer rituellen Selbstdemütigung, zu der die Gemeinde gezwungen wird. Nun ist es  Ausdruck dessen, dass es vor Gott nicht darauf ankommt, ob ich würdig bin oder nicht, damit er mir nahe kommt. Denn würdig im Sinne von fehlerfrei und vollkommen werde ich nie im Leben sein. Für Gott kommt es allein auf mein Vertrauen in Jesus Christus an. In ihm begegnet mir Gott selbst. In der Kommunion werde ich mit ihm vereinigt. Von dieser Vereinigung Jesu mit mir sprechen auch zwei Kommunionsprüche, mit der ein Priester, mit dem ich jahrelang gerne die Messe gefeiert habe, die Gemeinde zum Empfang eingeladen hat. Sie ließen mich immer wieder aufhorchen und haben mir im Laufe der Zeit viel bedeutet:

„Gott gibt seinen Sohn in unsere Hand,
damit er uns zu Herzen geht –
und unser Leben von ihm erzählt.“

„Jesu Leben in Brot und Wein.
Darin will er uns in Fleisch und Blut übergehen,
damit wir ein Herz und eine Seele werden.“



Unterbrechung:
Stell dir vor, du feierst die Heilige Messe und wirst zu Kommunion eingeladen mit diesen Worten. Was geht dir dabei durch den Kopf?





Ausblick
„Gott gibt seinen Sohn in unsere Hand, damit er uns zu Herzen geht – und unser Leben von ihm erzählt.“ Mit dem Schlusssegen im Gottesdienst ist der Auftrag verbunden, das, was wir gehört, empfangen und gefeiert haben, nun im Alltag umzusetzen. Unser Leben soll von Jesus Christus erzählen – auch ohne Worte. Die Eucharistie ist der Gipfel, aber vor allem auch die Quelle allen christlichen Lebens, damit wir gestärkt sind, die Anforderungen des Alltags in Jesu Sinn zu gestalten.

Welche Kriterien dabei Richtschnur sein können, darum geht es im nächsten Kapitel. Vor allem aber auch darum, welche Folgen es hat, wenn ich es nicht schaffe, diese zu erfüllen. Schuld, Scheitern und Neuanfang gehört auch zum Christ-Sein dazu. 





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