2.17. Verdichteter Glaube

Im Psalm 119 heißt es: „Siebenmal am Tag singe ich dein Lob“ (Ps 119, 164). Das Mönchtum macht seit dem Ende der Antike damit ernst. Der Tagesablauf ist darauf abgestimmt, immer wieder das Tagesgeschäft – und sogar den Schlaf – zu unterbrechen, um sich auf Gott auszurichten. Im Stundengebet – das heißt so, weil es zu festgelegten Stunden gebetet wird – werden in Etappen alle 150 Psalmen gebetet. Ursprünglich jeden Tag, später verteilt auf eine oder vier Wochen. Essen und Schlafen muss man ja auch noch irgendwie und vor allem, dem Auftrag gerecht werden, dem man sich verpflichtet hat.

Die Psalmen sind Lieder und Gedichte, die bereits Jesus gebetet hat. Darin kommt alles vor, was Menschen erfahren können: Freude, Angst, Wut, Dankbarkeit, Zweifel und Vertrauen. Diese Menschheitserfahrungen der Menschen aller Zeiten, werden mit Gott in Beziehung gebracht. Man könnte sagen: die Psalmen sind Jahrtausende alte verdichtete Glaubenserfahrungen. „Verdichtet“ weil: Sie sind Poesie und sie sind umfassende Erfahrungen, zusammengefasst – verdichtet – in wenigen Worten. 

Diese Glaubenserfahrungen, die bereits Menschen vor unserer Zeit gemacht haben, können wir uns auch heute zu Eigen machen. Wir können uns von ihnen immer wieder unterbrechen lassen, um uns im Alltag auf Gott hin auszurichten. Dabei kommt es nicht darauf an, immer andächtig und aus tiefstem Herzen alle Psalmen mitbeten zu können. Wenn die Gemeinschaft gemeinsam einen Lobpsalm singt und mir selber gerade zum Heulen ist, reicht es, einfach da zu sein, mich vom Gebet der anderen mittragen oder einfach unterbrechen zu lassen, um Gott neu in den Blick zu nehmen. Wenn ich Psalmen alleine bete, kann ich mich in den Inhalt vertiefen. Beim gemeinsamen Beten kommt es eher darauf an, sich vom Gebetsrhythmus tragen zu lassen.

Dieses Stundengebet der Klöster ist im Laufe der Zeit zum Gebet der Kirche (Tagzeitenliturgie) geworden. Es kommt dabei nicht darauf an, genau siebenmal am Tag zu beten. Es muss sinnvoll in das Leben eingebaut werden. Doch die Idee, die dahintersteckt, sich immer wieder im Alltagsgeschehen unterbrechen zu lassen und neu auf Gott hin auszurichten, die kann jeder verwirklichen. Und der Gedanke, dass rund um den Erdkreis im Grunde immer jemand irgendwo mitbetet, ist ja auch ein schöner Gedanke. Für mich ist das Solidarität im Gebet.

Unterbrechung:

Wenn Sie mögen, halten Sie sich für ein paar Tage mal eine ganz bestimmt Zeit frei, um einen Psalm zu beten. Entweder einen der folgenden oder weitere, die Sie im Gotteslob finden: Nr. 31-80 oder Nr. 613 – 665.

Psalm 23:
Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.
Er lässt mich lagern auf grünen Auen
und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.
Er stillt mein Verlangen;
er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.
Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil;
denn du bist bei mir,
dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.
Du deckst mir den Tisch
vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl,
du füllst mir reichlich den Becher.
Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang,
und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit.


Psalm 31:
Herr, ich suche Zuflucht bei dir.
Lass mich doch niemals scheitern;
rette mich in deiner Gerechtigkeit!
Wende dein Ohr mir zu,
erlöse mich bald!
Sei mir ein schützender Fels,
eine feste Burg, die mich rettet.
Denn du bist mein Fels und meine Burg;
um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten.
Du wirst mich befreien aus dem Netz, das sie mir heimlich legten;
denn du bist meine Zuflucht.
In deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist;
du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.



Psalm 8:
Herr, unser Herrscher,
wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde;
über den Himmel breitest du deine Hoheit aus.
Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob,
deinen Gegnern zum Trotz;
deine Feinde und Widersacher müssen verstummen.
Seh' ich den Himmel, das Werk deiner Finger,
Mond und Sterne, die du befestigt:
Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst,
des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott,
hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.
Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände,
hast ihm alles zu Füßen gelegt:
All die Schafe, Ziegen und Rinder und auch die wilden Tiere,
die Vögel des Himmels und die Fische im Meer,
alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht.
Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!


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